Elterninitiativen mit Qualität

50 Jahre Kinderladen – eine Hymne

50 Jahre Kinderladen
eine Hymne von Michael Fink

Kaum zu glauben – trotzdem wahr:

Kinderladen fünfzig Jahr!

Lasst uns ihm zu Ehren dichten,

um sein Leben zu berichten.

Sieben- oder Achtundsechzig:

Eine Generation rächt sich

an den Alten. Und die Neuen

woll´n die Kinder selbst betreuen.

Gründen drum mit viel Bambule

manche „Freie Kinderschule“.

Kaum erfunden, schreibt schon Bild:

„Eltern irre – Kinder wild!

Schmeckt das Mahl nicht interessant,

schmiert man´s einfach an die Wand!

Machen sich die Kinder nackig,

ziehen auch die Eltern zackig

blank! (Was uns zutiefst betrübt,

weil´s davon kein Foto gibt.)“

Tief im Kinderladen drin,

unterm Bild von Ho-Chi-Minh,

fordern derweil Klaus und Rainer:

„Beim dem Krach versteht uns keiner!

Kann mal einer von den Frauen

nach den lauten Kindern schauen?“

„Geh doch selbst!“, ruft da Renate,

„Überwinde das Private!“

Fünfund- oder sechsundsiebzig:

Das Gesprächsthema verschiebt sich.

Out: Antiautoritär

In: Wo kommt die Knete her?

Sammeln wir die Pinke frech

in der Dose dort aus Blech?

Soll man sich bezahlen lassen,

aus des Staates prallen Kassen?

Oder wär man mit alldem

für´s System viel zu bequem?

Zweiund- oder dreiundachtzig:

manche Elterngruppe macht sich

auf zur Kinderladengründung.

Größter Schritt: Die Namensfindung.

„Kunterbunt“ und „Zwergenland“?

Abgelutscht und längst bekannt!

Was mit Käfern, Fröschen, Molchen,

„frechen Früchten“, „kleinen Strolchen“?

„Flohkiste?“ Klingt interessant!

Nicht so: „Lila-Läuseland“.

Wieder fünfzehn Jahre später.

Silke spricht erbost zu Peter:

„Wann entsteht der Kita Stolz,

die Hochebene aus Holz?“

„Bau ich irgendwann“, knurrt dieser.

„Hab nen Vorschlag!“, ruft jetzt Lisa:

„Wär´s für Tier nicht solidarisch,

kochten wir rein vegetarisch?“

Oliver klagt an: „Du bist,

wenn den Putzdienst du vergisst,

hier gleich eine Art Faschist!“

„Sorry, Olli – das ist Mist!“,

repetiert nun Annegret.

Jeder ahnt: Heut wird´s wohl spät.

Zwanzigzwei, ab Neunzehn Dreißig:

diskutiert man weiter fleißig

zu Top elf: War´s wohl Annette

die fast eine Fleisch-Bulette

ins Buffet geschmuggelt hätte?

Geht man – Forderung von Klaus –

künftig zweimal täglich raus?

Singt man – Petition von Frieda –

fortan doppelt viele Lieder?

Und wann startet das Projekt,

von Jims Mama ausgeheckt?

Höflich fragt Luzia: „Bin

ich als die Erzieherin

eurer Kinder da berechtigt,

mitzureden?“ Sehr verdächtig

schweigt die ganze Elternrunde

fast für eine Viertelstunde.

Nullerjahre, Zwanzigzehn…

Kinder, wie die Jahre gehen!

Heut, mit Fünfzig, blickt man milde,

hat mit Aufruhr nix am Schilde:

„Früher war´n wir halt extremer…!“

Selbst Chefarzt und Unternehmer

nun den Kinderladen loben:

„Ernst ist hier gut aufgehoben,

Denn erfreulich klein die Gruppe,

und nach Bio schmeckt die Suppe!

Auch ist – hüstel – der Migrant

hier weitgehend unbekannt…

Ja, auch uns in den Eliten

hat der Kila viel zu bieten!

Will mich drum gern engagieren.

Darf ich ihn als Holding führen?“

Man erstarrt. Doch dann fragt Urs:

„Zahlst du dann den Yogakurs?“

Höre, Kila, alter Knabe,

was ich dir zu raten habe.

Werde uns mit über Fünfzig

alt, doch niemals zu vernünftig!

Diskutiere weiter fleißig

von Top eins bis zu Top dreißig.

Red dich wund bei all den Fragen,

die die anderen gern vertagen.

Bleib so nervig, wie du bist,

Weil dein Nerven wertvoll ist.

– Michael Fink –

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