Elterninitiativen mit Qualität

Geschichte der Elterninitiativen in Deutschland

Die Motivation zur Gründung von Elterninitiativen (umgangssprachlich auch Kinderläden genannt, weil alte Ladenräume angemietet wurden) bestand in der Kritik an der autoritären Pädagogik als Ausdruck einer autoritären Gesellschaft und der daraus resultierenden Suche nach gesellschaftlichen und pädagogischen Alternativen.
Die ersten Elterninitiativen gründeten sich 1968 in Frankfurt/Main, Berlin und Stuttgart. In den 1970er Jahren stieg die Zahl der Elterninis in vielen Städten der Bundesrepublik Deutschland stark an. Ursachen waren der Aufschwung der Alternativbewegung, aber auch der Mangel an Kindergarten- und Hortplätzen. Nach 1989 gründeten sich auch Elterninitiativen in Ostdeutschland.
Die Kinderladenbewegung hatte und hat großen Einfluss auf die frühkindliche Pädagogik, nachzulesen in vielen Bildungsprogrammen der einzelnen Bundesländer. Wolfgang Wüllenweber schreibt 2008 im „Stern“: „Der heutige Standard-Kindergarten ist dem antiautoritären Kinderladen von 1969 viel ähnlicher als dem staatlichen Kindergarten von 1969.“
Mit der Veränderung der Arbeitswelt (einer deutlich steigenden Müttererwerbsquote) und einem moderneren Familienbild in westdeutschen Bundesländern stieg die Nachfrage nach Krippenplätzen und nach einer verlässlichen Betreuung der Grundschulkinder nach dem Unterricht. Elterninitiativen reagierten flexibler als viele andere Träger auf diese Bedarfe und schufen viele Betreuungsplätze in diesen Bereichen in kleinen überschaubaren Einheiten.

„Die etwas anderen Kitas“ – ein Artikel von Roland Kern (Dachverband der Berliner Kinder- und Schülerläden) anlässlich des 50-jährigen Bestehens der Elterninitiativen in: unerzogen Magazin 04/2016.

Wenn Sie mehr über die Geschichte der Kinderladenbewegung wissen wollen klicken Sie sich gern durch die untenstehenden Beiträge.

Helke Sander, veröffentlicht am 06. Januar 2008 auf Ihrer Webseite anlässlich des 40-jährigen Jubiläums: „Die Entstehung der Kinderläden“

Manfred Berger, veröffentlicht am 31. Januar 2019 auf der Webseite des Niedersächischen Institut für frühkindliche Bildung und Entwicklung: „Kinderläden und antiautoritäre Erziehung“

Eine Hochburg der frühen Kinderladenbewegung war Westberlin. Der allererste Kinderladen in Berlin war in der Kopfstraße 1 in Berlin-Neukölln in einem ehemaligen Gemüseladen. Eine Liste der ersten Kinderläden in (West-)Berlin finden Sie hier.

Die Kinderläden verbreiteten sich dann Ende der sechziger/Anfang der siebziger Jahre in vielen Städten Westdeutschland. Eine unvollständige Liste von sehr alten Kinderläden die auch heute noch bestehen:

„Kinderhaus Limburger Straße e. V“. in Osnabrück, „Kinderladen Felix“ in Berlin-Wilmersdorf, „Kinderladen Kleine Kaiser“ in Bonn, „Kinderwerkstatt e. V.“ in Bochum, „Das Kind e. V.“ in Düsseldorf, „Kinderladen Warstraße e.V.“ in Hannover, „Kinderladen Perlach e. V. in München, „Kinderhaus Floßmannstraße“ in München-Pasing, „Kinderladen Austraße 42. Verein für Kindergartenpädagogik e. V.“ in Nürnberg. Auch in Kiel gründeten sich Anfang der 70er Jahre Kinderläden.

 

Ostdeutschland war geprägt von staatlichen Kindertageseinrichtungen, die ideologisch ausgerichtet waren.

Manfred Berger fand eine Quelle die beschreibt: „Anfang der 1970er Jahre initiierten mehrere junge Leute in Halle verschiedene politisch motivierte Projekte…. Dazu gehörte auch die im Jahre 1973 erfolgte Gründung „eines Kinderladens, um ‚die Kinder vor der staatlich verordneten Behandlung in Krippen zu schützen‘… Die gemeinsam organisierte Betreuung der Kinder fand in einer leer stehenden Erdgeschosswohnung in der Fleischerstraße 13 statt, währte jedoch nur einige Monate““.

1980 gab es kurzzeitig in der Husemannstraße 14 einen Kinderladen im Prenzlauer Berg in Ostberlin.

Die ersten beiden genehmigten Kinderläden in der damals noch bis Oktober 1990 bestehenden DDR waren ebenfalls in Prenzlauer Berg: ab Juni 1990 der Kinderladen Erdnuckel in der Belforter Straße und ab Juli 1990 der Kinderladen Pustekuchen einen Steinwurf entfernt in der Prenzlauer Allee.

50 Jahre Kinderladen
eine Hymne von Michael Fink

Kaum zu glauben – trotzdem wahr:
Kinderladen fünfzig Jahr!
Lasst uns ihm zu Ehren dichten,
um sein Leben zu berichten.

Sieben- oder Achtundsechzig:
Eine Generation rächt sich
an den Alten. Und die Neuen
woll´n die Kinder selbst betreuen.
Gründen drum mit viel Bambule
manche „Freie Kinderschule“.

Kaum erfunden, schreibt schon Bild:
„Eltern irre – Kinder wild!
Schmeckt das Mahl nicht interessant,
schmiert man´s einfach an die Wand!
Machen sich die Kinder nackig,
ziehen auch die Eltern zackig blank! (Was uns zutiefst betrübt,
weil´s davon kein Foto gibt.)“

Tief im Kinderladen drin,
unterm Bild von Ho-Chi-Minh,
fordern derweil Klaus und Rainer:
„Beim dem Krach versteht uns keiner!
Kann mal einer von den Frauen
nach den lauten Kindern schauen?“
„Geh doch selbst!“, ruft da Renate,
„Überwinde das Private!“

Fünfund- oder sechsundsiebzig:
Das Gesprächsthema verschiebt sich.
Out: Antiautoritär
In: Wo kommt die Knete her?
Sammeln wir die Pinke frech
in der Dose dort aus Blech?
Soll man sich bezahlen lassen,
aus des Staates prallen Kassen?
Oder wär man mit alldem
für´s System viel zu bequem?

Zweiund- oder dreiundachtzig:
manche Elterngruppe macht sich
auf zur Kinderladengründung.
Größter Schritt: Die Namensfindung.
„Kunterbunt“ und „Zwergenland“?
Abgelutscht und längst bekannt!
Was mit Käfern, Fröschen, Molchen,
„frechen Früchten“, „kleinen Strolchen“?
„Flohkiste?“ Klingt interessant!
Nicht so: „Lila-Läuseland“.

Wieder fünfzehn Jahre später.
Silke spricht erbost zu Peter:
„Wann entsteht der Kita Stolz,
die Hochebene aus Holz?“
„Bau ich irgendwann“, knurrt dieser.
„Hab nen Vorschlag!“, ruft jetzt Lisa:
„Wär´s für Tier nicht solidarisch,
kochten wir rein vegetarisch?“
Oliver klagt an: „Du bist,
wenn den Putzdienst du vergisst,
hier gleich eine Art Faschist!“
„Sorry, Olli – das ist Mist!“,
repetiert nun Annegret.
Jeder ahnt: Heut wird´s wohl spät.

Zwanzigzwei, ab Neunzehn Dreißig:
diskutiert man weiter fleißig
zu Top elf: War´s wohl Annette
die fast eine Fleisch-Bulette
ins Buffet geschmuggelt hätte?
Geht man – Forderung von Klaus –
künftig zweimal täglich raus?
Singt man – Petition von Frieda –
fortan doppelt viele Lieder?

Und wann startet das Projekt,
von Jims Mama ausgeheckt?
Höflich fragt Luzia: „Bin
ich als die Erzieherin
eurer Kinder da berechtigt,
mitzureden?“ Sehr verdächtig
schweigt die ganze Elternrunde
fast für eine Viertelstunde.

Nullerjahre, Zwanzigzehn…
Kinder, wie die Jahre gehen!
Heut, mit Fünfzig, blickt man milde,
hat mit Aufruhr nix am Schilde:
„Früher war´n wir halt extremer…!“
Selbst Chefarzt und Unternehmer
nun den Kinderladen loben:
„Ernst ist hier gut aufgehoben,
Denn erfreulich klein die Gruppe,
und nach Bio schmeckt die Suppe!
Auch ist – hüstel – der Migrant
hier weitgehend unbekannt…
Ja, auch uns in den Eliten
hat der Kila viel zu bieten!
Will mich drum gern engagieren.
Darf ich ihn als Holding führen?“
Man erstarrt. Doch dann fragt Urs:
„Zahlst du dann den Yogakurs?“

Höre, Kila, alter Knabe,
was ich dir zu raten habe.
Werde uns mit über Fünfzig
alt, doch niemals zu vernünftig!
Diskutiere weiter fleißig
von Top eins bis zu Top dreißig.
Red dich wund bei all den Fragen,
die die anderen gern vertagen.
Bleib so nervig, wie du bist,
Weil dein Nerven wertvoll ist.

– Michael Fink –

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